Sicherheitsabzüge bei Radaranlagen

Sven Meier
Fahrlehrer und Präsident
der Verkehrsschule Zug
Ein SchlauMeier – wer kennt ihn nicht? Ein SchlauMeier ist aber keineswegs nur ein Besserwisser, sondern ein Mensch, der mit durchdachten Beiträgen sowie verständlichen Erklärungen überzeugt und so sein Umfeld bereichert.
Genau dies ist die Absicht von Sven Meier, Fahrlehrer und Präsident der Verkehrsschule Zug, in dieser vielseitigen Rubrik
Warum wird bei einer Geschwindigkeitskontrolle nicht immer gleich viel abgezogen?
Es gibt Themen, die sorgen am Stammtisch im Restaurant für mehr Spannung als jedes EVZ-Spiel. Speziell wenn es um Polizeikontrollen geht, kennt sich auf einmal jede und jeder bestens aus und kann eine Anekdote zum Besten geben. Kürzlich sass ich in einem Restaurant und lauschte einer hitzigen Diskussion. Zwei Gäste erzählten über ihre Erfahrungen beim „geblitzt werden“ und beide hatten unterschiedliche Sicherheitsabzüge bei der Rechnung. Sofort fiel das Wort „Willkür“.
Nicht alle Blitzer sind gleich
Je nach Messgerät und Geschwindigkeit wird ein anderer Sicherheitsabzug / Toleranz berechnet. Das liegt daran, dass verschiedene Geräte unterschiedlich genau messen und der Gesetzgeber diesen Unterschied berücksichtigt. Ein Radargerät arbeitet anders als ein präziseres Lasermessgerät und stationäre Anlagen messen anders als mobile. Deshalb gibt es abgestufte Abzüge.
Ein Blick ins Gesetz – genauer gesagt in die Verordnung des ASTRA zur Strassenverkehrs-kontrollverordnung Artikel 8 Sicherheitsabzug – zeigt:
- Radarmessung: bis 100 km/h werden 5 km/h abgezogen, zwischen 101–150 km/h sind es 6 km/h, ab 151 km/h dann 7 km/h.
- Lasermessung: hier ist die Technik präziser, deshalb werden weniger abgezogen – nämlich 3 km/h bis 100 km/h, 4 km/h bis 150 km/h und 5 km/h ab 151 km/h.
Es gibt noch einige weitere Messmethoden beispielsweise stationäre Radargeräte in Kurven, sogenannte Moving-Radars aus fahrenden Polizeifahrzeugen, Schwellendetektoren im Asphalt, Abschnittsgeschwindigkeitskontrollen und sogar Nachfahrmessungen. Für jede dieser Varianten gelten wiederum andere Abzüge. (Die vollständige Übersicht gibt es per QR-Code SR 741.013.1 – Verordnung des ASTRA vom 22. Mai 2008 zur Strassenverkehrskontrollverordnung (VSKV-ASTRA) | Fedlex)
Das Missverständnis am Stammtisch
Dass also zwei Verkehrssünder bezüglich ihrer Bussen unterschiedlich behandelt wurden, ist kein Zeichen für Willkür, sondern hat schlicht mit unterschiedlichen Messarten zu tun. Und ja, es mag kompliziert wirken, aber am Ende steckt dahinter ein logisches System. Wer sich damit nicht beschäftigen mag, für den habe ich einen simplen Tipp: Fahren Sie einfach nicht zu schnell. Dann brauchen Sie weder Tabellen noch Taschenrechner.
Langsamer ist manchmal schneller
Eines wird oft vergessen: Bei der angeschriebenen Zahl auf dem Verkehrsschild handelt es sich um die erlaubte Höchstgeschwindigkeit. Artikel 32 SVG sagt ganz klar: Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen‑, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
Und mal ehrlich: Wer gemütlich und vorausschauend fährt, spart nicht nur Nerven und Bussgeld, sondern kommt oft genauso schnell ans Ziel.
Fazit
Die Diskussionen am Stammtisch werden wohl auch in Zukunft nicht verstummen – aber vielleicht können Sie beim nächsten Mal mit ein bisschen Fachwissen punkten. Und sollten Sie doch unerwarteter Weise einmal geblitzt werden: Erinnern Sie sich daran, dass die Polizei nicht willkürlich Toleranz-Abzüge verteilt, sondern ganz einfach nach Vorschrift handelt.





